Rückschläge als Chancen verstehen
Stellst du dir auch manchmal in Zeiten von Krisen oder Rückschlägen die Frage «Warum passiert sowas immer mir?» oder denkst dir, dass das Leben unfair und hart ist?
Ja?
Dann ist dieser Blogpost für dich.
Ich kenne diese Frage und auch diese Empfindung, dass das Leben nicht fair ist, nur zu gut. Mittlerweile hat mich mein Leben allerdings gelehrt, diese Gedanken und Gefühle hinter mir zu lassen. Heute weiss ich, dass die Frage «Warum passiert das immer mir?» nur eine rhetorische Frage ist, wir wollen gar keine Antwort, wir haben nämlich unsere ganz eigenen Vorstellungen davon, warum negative Dinge in unser Leben gelangen.
Wir fragen nicht, wir werfen vor. Innerlich sagen wir mit dieser Frage zum Leben:
«Vielen Dank auch, du bist ungerecht, hart, ein Kampf und du schenkst einem nichts – zumindest mir nicht.»
Und auf diesem Hintergrund fühlen wir uns allein, verlassen, unfair behandelt und bleiben mit dem Eindruck zurück, dass das Leben ein Kampf ist, der uns als Verlierer zurücklässt. Wir fragen uns, warum wir uns das alles antun, wenn wir am Ende doch sowieso verlieren.
Doch ich kann jetzt schon Entwarnung geben:
Das Leben ist gar nicht so unfair, wie wir vielleicht manchmal meinen.
Das Gegenteil ist eigentlich eher der Fall. Aber dazu später mehr.
Perspektivwechsel
Was ist, wenn das Leben gar nicht mit uns spielt, wie wir es vielleicht manchmal meinen?
Was ist, wenn das Leben unser Lehrer sein möchte?
Schon mal darüber nachgedacht? Ich nicht.
Zumindest bis vor ein paar Jahren nicht.
Das Leben war mein Gegner. Ich fand es absolut unfair und hart und war im ständigen Kampf mit ihm. Das war mein Fehler. Denn heute weiss ich, es war schon immer mein bester Lehrer und ist es auch heute noch. Das Einzige ist, ich hätte ihm schon früher besser zuhören sollen.
Raum für Heilung
Eine sehr langwierige Lehrstunde, die mir das Leben erteilte, war meine Essstörung. Bis vor ein paar Jahren habe ich keinen einzigen Sinn dahinter gesehen, wieso ich sie hatte. Ich empfand meine Essstörung als Feindin und mein Erliegen ihr gegenüber als absolute Schwäche.
Heute, ziemlich genau vier Jahre nachdem ich meine Essstörung besiegt habe, weiss ich, dass sie eine der wichtigsten Lehrerinnen meines Lebens war. Keine Frage, eine Essstörung zu haben, ist alles andere als schön und deshalb möchte ich auch nie mehr zu ihr zurück. Ich kann daher auch nur jeder Betroffenen/jedem Betroffenen raten: Sei mutig und beende diese toxische «Beziehung». Es ist möglich.
Doch so unschön die Erfahrung der Essstörung auch war, so dankbar bin ich ihr auch, dass ich im Zuge meiner Abnabelung und Heilung von ihr zum Veganismus, zu Selbstliebe und der Persönlichkeitsentwicklung finden durfte.
Ich bin ihr dankbar dafür, dass ich im Laufe meines Heilungsprozesses erkennen durfte, was für ein gigantisch geniales Geschenk mein Körper ist. Plötzlich war ich daran interessiert, wie es in meinem Körper aussah statt mich nur auf seine äussere Hülle zu konzentrieren. Seither behandle ich meinen Körper genauso – wie ein wunderbares Geschenk.
Ohne meine Essstörung wäre ich nicht da, wo ich heute bin, deshalb:
«Danke, liebe Essstörung» & «Danke, liebes Leben, dass du sie mir geschickt hast»
Manche/r wendet jetzt vielleicht ein: «Ja, aber diese Erkenntnisse hast du doch erst im Rahmen der Heilung gewonnen und nicht während der Essstörung selbst.»
True – guter Einwand, aber:
Ohne Störung, ohne Sucht, ohne Verletzung keine Heilung.
Es hätte nie eine Heilung gegeben, hätte es meine Essstörung nicht gegeben.
Es muss doch etwas verletzt, gestört, kaputt sein, damit es überhaupt repariert werden kann.
Ich war kaputt – bis ich mich heilte.
Loslassen
Als ich nach dem Abi in die Schweiz zog, fing ich an, an einer Hochschule Wirtschaft zu studieren. Ich war die Jüngste in meiner Klasse, alle anderen hatten schon Ausbildungen in dem Bereich gemacht und waren mit Buchhaltung und Co. schon vertraut – ich nicht, zumindest nicht auf dem Level.
Lange Rede – kurzer Sinn, nach einem Jahr flog ich wegen einer nicht bestandenen Prüfung von der Schule. Was rückblickend gut war, war in dem Moment total uncool für mich. Und uncool ist noch sehr vorsichtig formuliert.
Wenn man in der Schweiz zum Beispiel von einer Hochschule für Wirtschaft fliegt, ist man in der Schweiz an allen Hochschulen und Unis für die Wirtschaftsstudiengänge gesperrt. Das heisst, ich konnte diesem Studiengang nicht mehr nachgehen – zumindest nicht in der Schweiz. Da ich aber unbedingt Wirtschaft weiterstudieren wollte, fing ich an, an der Fernuniversität Hagen – Deutschland, die eine Kooperation mit der Fernuni Schweiz hatte, zu studieren. Auf diese Weise war ich zwar in Deutschland immatrikuliert, konnte aber in der Schweiz zum Frontalunterricht gehen, der ein paar Mal im Moment stattfand.
Was soll ich sagen, ich war nicht besonders happy während meines Fernstudiums. Das Gefühl des Versagens aufgrund des Verlassens der Hochschule steckte mir noch in den Knochen und auch der einsame Lernalltag tat mir nicht gut. Doch ich wollte dieses Studium an der Fernuni durchziehen, ob es mich glücklich machte oder nicht. Angetrieben von Gedanken, wie «Was denken die Leute, wenn ich die Fernuni auch nicht abschliesse?»
Ziemlich blöder Gedanke, ich weiss – zumindest im Nachhinein. Mein Leben nach der vermeintlichen Meinung anderer auszurichten und mein eigenes Glück dabei zu vernachlässigen, war keine gute Idee.
Und genau das hat sich damals auch mein Leben gedacht. «Danke, liebes Leben» an dieser Stelle.
Denn, wie aus dem Nichts wurde die Kooperation zwischen den beiden Fernunis beendet, mit dem Verweis darauf, dass ich jetzt für den Unterricht und die Prüfungen nach Deutschland reisen müsse.
Bei mir brach zunächst eine Welt zusammen. Wieder hatte ich etwas nicht abgeschlossen. Es war vielleicht nicht meine Schuld, aber wen interessierte das schon.
Doch um es kurz zu fassen: Ich bin dem Leben heute so dankbar dafür, dass es so gekommen ist, denn ich hätte mich sonst die nächsten Jahre durch eine Art des Studierens gequält, die mich unglücklich machte.
Stattdessen fing ich an der Uni Luzern das Studienfach zu studieren, das mich schon länger extrem interessierte. Und weisst du was? Um dort zu studieren anfangen zu können, benötigte ich einen Nachweis einer deutschen Uni darüber, dass ich dort einen Studienplatz hatte.
Diesen Studienplatznachweis hatte ich durch meine Zeit an der Fernuni schon längst. Perfekt, also.
Ich bin so dankbar für diese Zeit und noch dankbarer bin ich dafür, wie mein Leben mir zu verstehen gab: «Das ist nicht dein Weg» und «Geh den Weg, der dich glücklich macht».
Gelernt habe ich daraus, dass ich heute nicht mehr zwanghaft etwas durchziehe, was mich nicht happy macht. Mittlerweile kann ich loslassen, wenn mir etwas nicht mehr dient oder gar meinem persönlichen Wohlbefinden im Weg steht. Umso dankbarer bin ich, dass das Leben mir damals einen Ausweg aus dem Fernstudium aufzeigte und mich zu meinem Traum-Studienfach führte.
Wie du an diesen Beispielen aus meinem Leben siehst:
Das Leben spielt keine Spiele mit uns. Im Gegenteil – es dient uns.
Auch oder sogar gerade in Form von Rückschlägen, denn sie fordern uns heraus, Dinge, unser Denken, unser Verhalten unser Leben zu überdenken, zu verändern.
Alles was wir tun müssen, ist unserem Leben aufmerksam zuzuhören.
Rückschläge = Chancen
Wie kannst du nun Rückschlägen in Chancen umwandeln oder besser gesagt diese als solche wahrnehmen?
In einem ersten Schritt macht es total Sinn, den Rückschlag als das wahrzunehmen, was er für dich gerade ist: ein Rückschlag. Es ist total in Ordnung, es scheisse zu finden, diesen Rückschlag erleben zu müssen. Wichtig ist nur, langfristig nicht in dieser Emotion von Wut, Ärger, Trauer oder Enttäuschung zu verbleiben. Fühl sie, lass sie wirklich zu, aber lass sie auch wieder gehen.
Dann frage ich dich in einem zweiten Schritt wirklich ernsthaft, was dir dein Leben wohl mit dem Rückschlag sagen möchte. Möchte es dir vielleicht sagen: Es ist Zeit umzudenken und neue Wege zu gehen? Sagt es dir, dass du mehr auf dich selber aufpassen und achten solltest? Sagt es dir, dass du deine eigene Meinung, dein eigenes Gefühl, deine eigene Einschätzung bezüglich deines Lebens höher priorisieren solltest, als das Potpourri an Meinungen aus deinem Umfeld?
Die Botschaften deines Lebens sind so vielfältig und total situationsabhängig. Wichtig ist nur eines:
Hinzuhören.
In einem dritten Schritt gilt es dann, nachdem du die Botschaft deines Lebens erkannt hast, dich zu fragen, was du aus dieser Botschaft, was du aus deiner jetziger Lebenssituation, was du aus dem «Rückschlag» lernen darfst. Wenn die Botschaft des Lebens, wie im Fall des Endes der Kooperation meiner Fernunis vielleicht lautet: «Vergiss was die anderen sagen und mach, was dir guttut.» Dann heisst es für dich zu lernen in Zukunft weniger auf die Meinungen anderer zu hören, mehr darauf zu achten, was eigentlich dein Bauch oder dein Herz sagen und dich nicht so leicht durch das Stimmgewirr deines Umfelds verunsichern zu lassen.
Schreibe dir deine möglichen Learnings, aber auch die Botschaft des Lebens in einem vierten unbedingt auf, denn sie werden dich immer mal wieder, wenn du auf deine Notizen schaust, daran erinnern, was du für einen «Job» zu erfüllen hast.
Im vierten und letzten Schritt geht es darum, sich ganz bewusst auf den Rückschlag und auf die Situation, in der man sich daher befindet, einzulassen. Es geht dabei darum, nicht im Kampf mit dieser Momentaufnahme deines Lebens oder deinem Leben im Allgemeinen zu sein. Es geht darum, sich der Situation mit einem positiven Mindset zu stellen.
Wenn wir im Widerstand mit den Dingen sind, machen wir sie nur grösser und grösser. Lassen wir uns hingegen auf sie ein, haben Vertrauen in uns und das Leben und gehen voller Mut in diese Situation hinein, dann ist es wie surfen. Du siehst die Welle, du siehst ihre Grösse, aber du lässt dich auf sie ein und lässt dich letztendlich von ihr tragen.
Eines der grössten und wichtigsten Learnings meines Lebens ist deshalb, das Leben nicht mehr als einen Kampf anzusehen.
Wer das Leben als Kampf ansieht und daher immer auf der Frequenz von Angst, vielleicht sogar Wut schwingt, der wird dieses Bild vom eigenen Leben als Kampf in seinem Leben wieder und wieder reproduzieren.
Wer denkt, dass alles scheisse ist, der wird auch genau diese Ansichten in seinem Leben reproduziert wiederfinden.
Wir ziehen das in unser Leben, was wir aussenden, was für ständig denken und fühlen.
Wir tun uns selbst also einen Gefallen, wenn wir uns vermehrt auf die positiven Dinge in unserem Leben konzentrieren beziehungsweise das Positive auch in den auf den ersten Blick negativen Aspekten zu erkennen versuchen.
Ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen.
Heute ist mein Leben kein Kampf mehr, im Gegensatz zu früher.
Der einzige Unterschied ist meine Einstellung.
Seit ich nicht mehr denke, ich müsste Tag für Tag kämpfen, gibt es auch gar keinen Grund mehr zu kämpfen. Natürlich habe ich ebenso mal Schwierigkeiten. Die gehören meiner heutigen Ansicht nach auch dazu, aber ich sehe sie nicht mehr als Bürden des Lebens an, sondern als Möglichkeiten, um zu wachsen. Das ist der entscheidende Unterschied.
Heute kämpfe ich nicht mehr gegen Schwierigkeiten in meinem Leben an, sondern reite sie wie eine Welle – voller Vertrauen & Zuversicht.
Hast du den Kampf schon aufgegeben und reitest entspannt die nächste Welle des Lebens oder befindest du dich noch mitten im Schützengraben?
Deine Erfahrungen zu dem Thema würden mich sehr interessieren. Berichte mir gerne in den Kommentaren von ihnen.
Alles Liebe,
Deine Anna
Photos by Marc Kästner
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