Selbstoptimierung vs. Persönliche Weiterentwicklung

Für mich persönlich besteht, ehrlich gesagt, eigentlich gar keine Notwendigkeit die beiden Begriffe voneinander abzugrenzen, denn beide Begriffe bedeuten für mich, weiterkommen und wachsen zu wollen, statt stillzustehen. Ich empfinde das als sehr positiv. Doch, da ich schon öfter dem Phänomen begegnet bin, dass relativ abschätzig von Selbstoptimierung gesprochen wurde, nehme ich es mir zum Anlass, mich beiden Begriffen zu widmen.

Geschieht Selbstoptimierung aus einem Zwang heraus?

Dass der Begriff «Selbstoptimierung» eher negativ konnotiert ist, könnte mehrere Gründe haben. Zum einen wird der Begriff medial oftmals in einem Kontext verwendet ist, der nicht unbedingt das beste Licht auf die «Selbstoptimierung» wirft. Zum anderen wird Personen, die sich «selbst optimieren» von aussen nicht selten unterstellt, sie seien nicht zufrieden mit dem, was sie hätten und würden sich zwanghaft verbessern wollen, auch auf Druck von aussen.

Ich bin, was diese negativ Einordung des Begriffes angeht, zwiegespalten.

Ja, es gibt Extremfälle, in denen Menschen ungesunde Ideale verfolgen oder nicht aufhören können, sich mit Schönheitsoperationen zu «verbessern» oder so viel Sport machen, dass es ungesund wird. Tendenziell sind wir Menschen doch eher Gewohnheitstiere und es ist manchmal gar nicht so einfach, wirklich etwas an sich oder dem eigenen Leben zu verändern. Ich sage nicht, dass die zuvor beispielhaft genannten Extremfälle als positiv zu werten sind – auf keinen Fall. Sie sind jedoch wohl eher als Ausnahmefälle einzuordnen.

Die negative Einordnung des Begriffes kommt wohl ebenso daher, dass es für das eigene Umfeld, ganz gleich, ob eng oder nah, oftmals gar nicht so einfach ist, mit anzusehen, dass sich jemand weiterentwickelt und sein Leben in die Hand nimmt. Auch wenn vielleicht Freude darüber vorhanden ist, führt ein positiver Wandel im Leben eines Menschen, aus unserem Umfeld, ebenfalls dazu, dass uns klar wird:

Man kann etwas an sich und seinem Leben verändern.

Diese Erkenntnis, auch wenn sie Hoffnung schenkt, ist für viele unangenehm. Denn in der Konsequenz bedeutet sie:

Auch ich könnte etwas in meinem Leben verändern, wenn ich denn für mich und mein Leben losgehen würde.

Loszugehen ist gar nicht so einfach, denn es bedeutet, den Gewohnheitstiermodus zu verlassen und das ist für viele um einiges anstrengender als einfach in ihm zu verbleiben. Die Motivation und/ oder der Leidensdruck müssen schon sehr gross sein, damit man wirklich etwas verändern möchte.

Deshalb glaube ich, dass die ablehnende Haltung «Selbstoptimierung» gegenüber, weniger mit der Person zu tun hat, die sich verändern möchte, sondern mehr mit dem Umfeld, das diese Entwicklung negativ beäugt. Nicht nur, weil es daran erinnert wird, dass es selbst etwas verändert könnte, sondern vielleicht ebenso aus einer gewissen Angst heraus, die sich «selbst optimierende» Person durch ihren Wandel zu verlieren.

Wie hebt sich die persönliche Weiterentwicklung nun davon ab?

Der Begriff ist weniger negativ behaftet, was möglicherweise daran liegt, dass der Begriff medial weniger geläufig ist und der Fokus eher auf dem Seelischen und allgemein Geistigen liegt, statt auf dem Körperlichen.

Persönliche Weiterentwicklung als Weg zu einem besseren Leben?

In meinen Augen ist sie genau das. Denn wer sich aus Liebe zu sich selbst (und nicht aufgrund des gesellschaftlichen Drucks von aussen) weiterentwickelt und weil er/sie Freude am eigenen Wachstum entwickelt, dann ist dies definitiv als positiv zu werten. Wer erkennt, dass die Arbeit an sich selbst, zu einem zufriedeneren Leben führt, ist in der Regel auf dem richtigen Weg.

Wichtig ist doch, dass es bei dem eigenen Wachstum eben nicht darum geht, was andere davon halten, sondern darum, wie sich die persönliche Entwicklung auf einen selbst auswirkt.

Wichtig ist es, dass man Dankbarkeit und Zufriedenheit für das verspürt, was da ist und erkennt, was man selbst schon alles geleistet hat. Doch es schliesst sich nicht aus, zufrieden zu sein, sich jedoch nicht zufrieden zu geben.

Zufrieden zu sein bedeutet nicht, für immer in der gleichen Situation zu verharren. Es bedeutet lediglich, zu schätzen, was schon im eigenen Leben vorhanden ist. Es heisst allerdings nicht, dass einen diese Zufriedenheit davon abhalten muss, sich weiterzuentwickeln, weiter zu wachsen.

Genau aus diesem Grund finde ich den Spruch «Bleib so, wie du bist.» so wenig passend, denn auch, wenn er meint «Du bist gut so, wie du bist», vermittelt er einem ebenfalls das Gefühl, es sei etwas Schlechtes sich zu verändern, obwohl es so viel Gutes bedeuten kann. Denn wer möchte schon so sein wie er vor 4, 5, 6 oder 10 Jahren mal war? Ich schätze, wer ich früher einmal war und jede Etappe meines Lebens, doch mindestens genauso dankbar bin ich darüber, dass ich mich weiterentwickelt habe, gewachsen bin und eben nicht die gleiche Person bin, die ich beispielsweise mit 26 Jahren war.


Egal, wie wir es nennen, am Ende des Tages geht es um deine Potenzialentfaltung.

Es geht darum, ein glücklicheres und zufriedeneres Leben zu führen, in dem du Dankbarkeit für alles, was schon da ist, entwickelst, indem du aufarbeitest, was dich beschwert, indem du vergibst, in dem du aus Vergangenem lernst und zu erkennen beginnst, wer du wirklich bist.

Worte haben Macht - davon bin ich überzeugt. In diesem Fall, denke ich, ist es jedoch eher sekundär, ob du es Selbstoptimierung, persönliche Weiterentwicklung, Persönlichkeitsentwicklung, persönliches Wachstum oder wie auch immer nennst. Am Ende Tages ist die Bedeutung dieser Begriffe wohl reine Interpretationssache und einzig relevant, welcher Ausdruck sich für dich richtig anfühlt.

Und wenn für dich der Begriff “Persönlichkeitsentwicklung” selbstliebender klingt als “Selbstoptimierung”, dann ist das nicht nur völlig okay, sondern richtig und wichtig, dass du den Begriff verwendest, der sich für dich richtig anfühlt.

Unabhängig vom Begriff geht es im Kern doch darum, dass du dich weiterentwickelst, weil es genau das ist, was du für dich möchtest und dich nicht dadurch aufhalten lässt, dass es irgendjemandem nicht gefallen könnte.

Sei stolz darauf, dass du bereit bist, an dir zu arbeiten, denn nur die wenigsten machen sich auf diesen Weg. Oftmals sind es genau diejenigen, die Weiterentwicklung und Wachstum, ganz gleich, wie man es genau benennt, sehr skeptisch beäugen. Vielleicht genau aus dem Grund, dass sie selbst eben nicht ins Handeln kommen.

Vergiss nicht:

Den Ist-Zustand zu schätzen und trotzdem mehr zu wollen, schliesst sich nicht aus. Es kann sogar perfekt Hand in Hand gehen, denn zufrieden zu sein und sich zufrieden zu geben, sind zwei völlig unterschiedliche Dinge.

Du bist zufrieden, aber du gibst dich nicht zufrieden. Und das ist gut so.

Bist du zufrieden? Gibst du dich zufrieden? Wie stehst du zu Persönlichkeitsentwicklung und den verschiedenen Begriffen in diesem Zusammenhang?


Viel Liebe,

Deine Anna