Negativ-Beispiele als Inspiration

Mittlerweile bin ich überzeugt davon, dass kein Mensch zufällig in das eigene Leben tritt. Ich denke, jede Person, die uns begegnet, kreuzt unseren Weg, um uns als Mensch in irgendeiner Form weiterzubringen, uns etwas zu lehren.

In den meisten Fällen tut diese Person es wahrscheinlich nicht auf einer bewussten Ebene. Doch, wenn man einmal beginnt, dass eigene Umfeld, egal ob sehr nah stehend oder eher entfernt bekannt, zu reflektieren, wird einem ziemlich sicher zu jeder Person etwas einfallen, was man von ihr gelernt hat oder von ihr lernen könnte.

Wir machen alle Fehler.

In einer perfekten Welt wären all diese Menschen Vorbilder für uns, die uns zeigen, was im Leben noch alles möglich ist, was man alles erreichen kann, wenn man an sich arbeitet und seine Ziele verfolgt. Sie würden uns inspirieren auch so erfolgreich, liebevoll, verständnisvoll, kreativ,… so gute Menschen zu sein, wie sie es sind.

Solche Menschen, solche für uns positiven Beispiele und perfekten Vorbilder gibt es. Am Ende des Tages machen wir aber alle Fehler und verhalten uns wahrscheinlich nicht immer perfekt. Genau das gilt ebenso für die Menschen in unserem Leben. Manche Personen sind Teil unseres Lebens, von denen wir uns vielleicht ganz besonders wünschten, sie wären die perfekten Vorbilder, es allerdings nicht sind und vermutlich auch nie sein werden. Doch nichts desto trotz sind sie Teil unseres Lebens, entweder weil wir es uns ganz bewusst so wünschen oder weil unsere Leben durch familiäre oder andere Verbindungen eng miteinander verknüpft sind.

Lass los.

Nun können wir uns entscheiden, ob wir der Person, die uns kein perfektes Vorbild ist, die nicht so ist, wie wir es uns wünschten, ein Leben lang mit einem Berg von Vorwürfen begegnen, egal ob innerlich oder offen kommuniziert. Oder ob wir unseren Frieden damit schliessen, dass unsere Oma, unser Vater, unsere Schwester, unser Onkel oder wer auch immer diese Person in deinem Leben ist, nicht das Vorbild ist, das wir uns gewünscht haben.

Natürlich kann es auch  wertvoll sein, wenn man das Bedürfnis verspürt, mit der betreffenden Person über die eigenen Gefühle zu sprechen. Ich bin definitiv ein grosser Fan davon, Dinge an- und auszusprechen. Doch auch ich musste lernen, dass Gespräche allein nicht helfen, wenn der Mensch, von dem ich mir so sehr wünsche, dass er etwas verändern würde, es nicht möchte. Es ist sein Leben und auch wenn ich mir erhoffen würde, dass er vielleicht mehr auf seine Gesundheit achtet, sich seiner Sucht stellt, seinen Groll und seine Verbitterung loslässt oder was auch immer es ist, was man sich für die jeweilige Person erhofft, entscheidet er, ob er diese Wünsche für sich umsetzt.

Ich kenne es aus eigener Erfahrung, dass man Menschen retten möchte, von denen man sich gewünscht hätte oder vielleicht auch immer noch erhoffen würde, sie wären die perfekten Vorbilder. In den letzten Jahren durfte ich diesbezüglich viel dazulernen, denn ich weiss heute, dass nur gerettet werden kann, wer auch gerettet werden will beziehungsweise, dass jede/r sich eigentlich nur selbst retten kann.

Das Negativ-Beispiel als Inspiration sehen.

Heute habe ich einen ziemlich guten Weg gefunden, damit umzugehen. Menschen, in denen ich so gerne die «perfekten» Vorbilder sehen würde, die es aber nicht sind, da sie auch nur ganz normale Menschen sind, wie du und ich, vielleicht sogar in ihrem ganz eigenen Sumpf aus Schwierigkeiten stecken oder einfach andere Werte leben als ich, nehme ich heute als Inspiration für mich, niemals (wieder) an den Punkt zu kommen, an dem diese Personen gerade sind.

Das heisst nicht, dass ich diese Menschen nicht lieben oder respektieren würde – im Gegenteil. Ich habe lediglich meinen Frieden damit geschlossen, dass sie nicht das Vorbild sein können, dass ich mir ursprünglich gewünscht hätte. Und gleichzeitig habe ich meinen Frieden damit geschlossen, dass ich sie nicht retten kann und dass ich aus ihnen ebenso nicht das Vorbild hervorzaubern kann, das ich mir ursprünglich einmal gewünscht hätte. Ganz davon abgesehen, ist es auch nicht meine Aufgabe und es wäre wohl auch etwas übergriffig eine Person, nach meinen Vorstellungen «formen» zu wollen.

In den Menschen, die man sich als perfekte Vorbilder gewünscht hätte, können wir jedoch durchaus Inspiration für uns finden, auch wenn es vielleicht aufgrund von Verhalten ist, das wir nicht begrüssen. Doch sie erinnern uns daran, es anders zu machen als sie. Und das macht sie schlussendlich dann doch irgendwie zu unseren Vorbildern, auch wenn es nicht durch das Vorleben von Perfektion ist.

Diese Vorbilder können uns beispielsweise daran erinnern, dass wir mehr auf unsere Gesundheit achten und Verantwortung für sie übernehmen sollten, weil unser Vorbild genau das eben nicht tut. Oder dass wir vergeben möchten, statt voller Groll und Verbitterung durchs Leben zu gehen, weil wir sehen, was es mit unserem unperfekten Vorbild macht, genau dies zu tun.

Das heisst, diese Menschen können unsere Inspiration sein. Allerdings, indem sie uns aufzeigen, was wir in unserem Leben nicht möchten. Sie erinnern uns daran, dass wir die Macht haben, es für uns, in unserem Leben anders zu machen und dafür können wir ihnen unglaublich dankbar sein.

Wir dürfen für jede Form der Inspiration dankbar sein, es muss nicht die Perfektion sein, die uns inspiriert. Es darf auch die Schwere sein, die uns zu Leichtigkeit inspiriert.

Wir haben die Macht.

Auch auf diesem Hintergrund bin ich der Ansicht, dass niemand rein zufällig in unser Leben tritt. Inspiration ist Inspiration, ob als Negativ- oder als Positiv-Beispiel, am Ende ist es doch, was wir für uns daraus machen. Wir entscheiden für uns, ob wir uns inspirieren lassen und wirkliche Veränderungen in unserem Leben vornehmen, um es nach unseren Vorstellungen zu verbessern oder ob wir es eben nicht tun.

Sicher, es gibt auch Beziehungen zu Menschen, die uns nicht guttun und die wir zu unserem eigenen Wohl beenden sollten, aber selbst aus ihnen können wir etwas für uns mitnehmen.

Ich denke, Inspiration können wir überall finden, wenn wir das wollen. Sie muss nicht gezwungenermassen in der vermeintlichen Perfektion anzutreffen sein. Wir sind alle nicht fehlerlos und das ist völlig okay.

Auch und vielleicht sogar gerade durch Fehler, können wir inspirieren und inspiriert werden. Wer die Augen offen hält, mit Liebe durch die Welt geht und nicht abschätzig auf jene schaut, die (noch) in einem Netz aus Schwierigkeiten gefangen sind, findet Inspiration wohin er/sie auch schaut.

Hat dich schon einmal jemand inspiriert, weil die Person dir durch ihre Lebensweise aufgezeigt hat, was du nicht vom Leben willst? Wenn ja, in welcher Hinsicht?

Lass es mich gerne in den Kommentaren wissen!

 

Viel Liebe,

Anna